12. Juli 2025

Ein kurzer Pre-Opening-Besuch der neuen Bäckerei in Palma de Mallorca

Nach einer sonnigen Woche mit ca. 370 Grad Oberhitze und viel zu viel Weizenfremdprodukten hab ich am letzten Tag auf dem Weg zum Flughafen noch einen Abstecher in die wunderschön verwinkelte Innenstadt von Palma de Mallorca gemacht.

Mehr oder Weniger spontan konnte ich Jo dann zwischen Baumarkt, Metro und Verkehrschaos abpassen – was man eben so eine Woche vor der Eröffnung macht!

Gestresst wirkte er dabei überhaupt nicht. Das mallorquinische Lebensgefühl trägt er als Sunnyboy of Bread offensichtlich schon in sich.

Die Bäckerei in Palma de Mallorca

Die Bäckerei liegt etwas versteckt in einer kleinen Seitengasse und leuchtet – wenn das Siesta-Rolltor geöffnet ist – ganz in Rot. Innen ist der noch etwas leere Verkaufsraum ersteinmal nicht unterteilt. Man wird beim Eintreten also direkten Blick zu Ofen, Knetern und allen Arbeitsschritten auf dem mittig stehenden Holztisch haben. Ein tolles Konzept in dem ehemaligen Restaurant mit schwarz-weiß kariertem Fliesenboden und an einigen Stelle sichtbaren historischen Sandsteinwänden. Auch geschlossen ist der Laden ein Blickfang: wie bei vielen Geschäfte in der Innenstadt ist das Tor mit dem Logo der Bäckerei besprüht. Sieht cool & urban aus.

Ebenfalls noch ziemlich cool ist das Ladeninnere. Das Thermometer zeigt bei ruhendem Ofen an die 25 Grad. Der Nachmittag war bedeckt und nicht ganz so heiß wie die Tage zuvor, aber die zu ewartenden Temperaturen in einer Bäckerei auf der sonnigen Urlaubsinsel verlangen einem doch etwas Respekt ab. Und den hat auch Jo vor den To Dos, die noch vor ihm liegen.

Full Proof und All In

Einige Testbackrunden mit dem ganz neuen Ofen gab es schon, und wie zu Erwarten sowohl sensationelle Ergebnisse im Test-Regal als auch einige Flundern auf der Arbeitsfläche. Das Zeitmanagement und die passenden Führungsarten für die Teige zu finden ist gerade die größte Herausfordung, erzählt er. Natürlich ist er durch jahrelange Backerfahrung, unzählige eigene Rezepte und Buchveröffentlichungen routiniert, aber Tag für Tag ein ganzes Sortiment in gleichbleibender Qualität alleine abzubacken ist dennoch eine Herausforderung. Einen Meisterzwang gibt es auf der Insel übrigens nicht. Man brauch also lediglich die Eier – und das Budget, einen Laden entsprechend umzubauen. Die Genehmigungen für die Umnutzung von Restaurant zu Bäckerei liefen trotz noch mehr Bürokratie als in Deutschland sehr reibungslos, meint Jo.

Das Sortiment und die Insel

Vom dunkel ausgebackenen 1,5kg Hausbrot über ein reines Roggenbrot mit schöner Marmorierung bis hin zum Pan de Crystal wird es so Einige Highlights geben. Auch so kurz vor der Eröffnung arbeitet er noch an einer verbesserten Brötchenrezeptur. Hier ist er ganz der Perfektionist und ich denke, jeder Heimbäcker fühlt mit ihm: Geschmack, Volumen und Optik der Kruste passen, aber die Frischhaltung will er noch to the max ausreizen. So tastet er sich mit einer längeren Teigführung, einem Brühstück und anderen Stellschrauben langsam an das ultimative „deutsche“ Brötchen auf der Baleareninsel heran.

Interessanterweise ist lange Frischhaltung in mallorquinischen Broten gar kein großes Thema. In nahezu allen Bäckereien findet man hier zu einem Großteil helle Weizenbrote – ob mit oder ohne Sauerteig, aber oft mit relativ niedriger Teigausbeute. Diese halten sich, anders als saftige Mischbrote hierzulande, maximal zwei bis drei Tage frisch. Stört hier niemanden.

Wie Jo erzählt, ist das auch ganz logisch. Denn pa amb oli, quasi das Nationalgericht (muss ich jetzt aufpassen) der Inselbewohner ist nichts Anderes als besonders leckere Resteverwertung in Form von megatrockenem Brot mit geriebener Tomate und Knoblauch. Auch im mallorquinischen Lidl um die Ecke gibt es extra hartes Brot in Stückchen und Zwieback in allen erdenklichen Variationen säckeweise. Es ist eben eine Seefahrernation, erzählt Jo.

Auch das in vielen Broten hier traditionell fehlende Salz, erklärt er, hat damit zu tun. Das Backwerk zieht so bei der Lagerung weniger Feuchtigkeit. In seinen Rezepturen wird freilich eine ganz normale Salzmenge enthalten sein.

Kann das auf der Insel ein Alleinstellungsmerkmal sein? Die Konkurrenz ist groß und im fußläufigen Umkreis der Bäckerei gibt es einige Pastelerias, Forns und Shops mit allen möglichen Variationen von Empanada bis Foccacia.Sicherlich sind es die dunklen Brote, die sein Sortiment von anderen unterscheiden werden und die mutig ausgebackenen Schaustücke in der kleinen Vitrine seiner Bäckerei machen Lust auf die Eröffnung.

Nachtschicht und Manjana

Auch um die Öffnungszeiten macht er sich noch immer Gedanken. Während viele Backshops, Cafés und Läden mit eigener Bäckerei schon früh morgens vor Allem für Berufstätige ihre Pforten öffnen, ist sein Plan aktuell, um 10:00 mit dem Verkauf zu starten. Die eigentliche Arbeit beginnt für ihn natürlich früher. Wie früh genau – da liegt noch die große Unbekannte. Einige Teige hat er bereits auf eine kalte Stockgare (Pan de Cristal) oder kalte Stückgare umgestellt, während sich andere mit einer kurzen warmen Gare besser in den Ablauf vor dem Ofen einbauen lassen.

Viel Zeit um weiter über die spannende und anstrengende Phase kurz vor Eröffnung zu philosophieren, blieb leider nicht. Vor uns lag noch der Rückweg zum Flughafen durch die verstopfte Innenstadt von Palma. Schade, denn Jo ist wirklich sympathisch und versprüht eine grandiose Begeisterung für seinen Traum von der eigenen Bäckerei auf Mallorca, der schon bald hart erarbeitete Realität werden wird. Bereits einen Tag nach unserem kurzen Treffen steht er in Backstube, um zum ersten Mal das komplette Sortiment durchzubacken. Die Ergebnisse findet ihr auf Instagram bei der Full Proof Bakery!