1. August 2023

Endlich Urlaub! Dieses Mal in Form einer Low Budget Deutschlandtournee von den Leipziger Seenlandschaft über das Salzhaff bis nach Hamburg. Wenn man den gesamten Brot- und Brötchenbedarf durch Selberbacken abdeckt, ist ein wesentlicher Bestandteil der Urlaubsplanung auch die Recherche geeigneter Bäckereien sowiezumindest eine Minimalausrüstung zum Backen von Brötchen in der Ferienwohnung. Ich habe dazu dieses Mal meine Teigwanne mit Deckel als Behälter für die Reisegewürze, einen Teigschaber (halbrund) und eine kleine Barista-Milchkanne voller Lavasteine ins Auto gepackt- mehr braucht man außer vor Ort gekauftem Mehl eigentlich nicht.

Erster Halt: Campingplatz. Vorteig gegen Vorzelt getauscht. Reste vom letzten Zu Hause-Brot

6:30 Uhr im Wohnwagen. Meine Wirbelsäule verspürt den starken Drang sich in irgendeine Richtung einzurenken, ist aber gehemmt von der mit Sitzkissen belegten Spanplatte, auf der ich schlafe. Die Kinder haben offensichtlich wenig bis gar keine Bandscheiben, weshalb sie auch vor 7.00 Uhr schon so flexibel sind wie Flusslachse.

Auf dem Weg zum Gemeinschaftsbad weht mir das nussige Aroma eines verdauten Vorabends entgegen.

Nachdem das mitgebrachte Urlaubsbrot schon am ersten Tag aufgebraucht war, begann die Suche nach adäquater Versorgung, was nicht mal in größeren Städten wie Leipzig einfach zu sein scheint. Es gibt im Grunde nur eine handvoll Bäckereien, die dem ersten Anschein nach noch Ihre Teige handwerklich und ohne Zusatzstoffe herstellen. Darunter befinden sich jeweils Bäckereien mit Spezialisierung auf Sauerteig, Glutenfreies Brot und Holzofenbrot.

Meine Wahl fiel auf die Backstube von Brotprofi und Brotsommelier Ricardo Fischer. Toll gelegen im Leipziger Altbau mit wundervollem kleinen Verkaufsraum, Deckenhöhe 5,50m (geschätzt).

Das Walnussbrot war große Klasse. Schöne Röstaromen, dunkel ausgebacken und innen wirklich saftig. Bei den Brötchen war ich nicht ganz so überzeugt. Es waren “normale” 60g- Brötchen, aber – vielleicht ZU normal um wirklich von Klein auf handwerklich hergestellt zu sein? Das kenne ich aus zusatzstofffreier Meisterhand deutlich saftiger und aromatischer. Vielleicht ist es aber auch der eigenen handwerklichen Unzulänglichkeit geschuldet, dass man von “eigentlich” perfekten Brötchen nicht so angetan ist.
Wenn ich die entsprechenden Kapazitäten gehabt hätte, hätte ich auch gern eines der großen 3kg plus- Roggenlaibe probiert, die sahen in der Auslage sehr schön aus. Schlussendlich haben die Brötchen mit entsprechendem Belag geschmeckt und die weiteren Mitbringsel wie Rosinenbrötchen waren gut. Die Kuchenauslage war klein (was ein gutes Zeichen ist), sodass wir danach noch beim Verkauf einer örtlichen Großbackstube angehalten haben um ein Paar süße Teilchen abzugreifen.

Sprung an die Ostsee in der Nähe von Stove am Salzhaff.

Der Schlafkomfort ist deutlich besser, die Brotlage deutlich kritischer. Hier in Stove gibt es eine schöne Windmühle mit einer Gruppe Holzbackofen- Enthusiasten, die regelmäßig frisch Kuchen, Brot und Riesenbrötchen backen.

Leider musste unsere absolute Lieblings- Ostseebäckerei Mirr auf der anderen Straßenseite offensichtlich schließen. Sehr schade, denn schon bevor ich überhaupt mit dem Selberbacken angefangen habe, habe ich gemerkt, dass es hier deutlich besser schmeckt als bei den Filialisten im Supermarkt.

Natursauerteig, keine Zusatzstoffe, Aufarbeitung rein von Hand- all das war einmal. Schade um die grandiosen sogenannten “Herdbrötchen” und das wirklich leckeren Kuchensortiment.

Nach langem Suchen und 30 Minuten Autofahrt (was man nicht alles für gutes Brot macht) bin ich dann vorgestern auf die Bäckerei Woest in Neuburg gestoßen.

Eine wirklich aus nicht viel mehr als einem Verkaufstresen und Backstube bestehenden traditionellen Bäckerei. Der tiefe seelige Backduft strömt sofort beim Öffnen durch die Ladentür. Der Bäcker will sich grade auf sein Fahrrad schwingen, das vor dem Laden steht (ohne Schloss). Da hab ich sie wiederentdeckt, die großen und vor Allem dunkel glänzenden Herdbrötchen. Ausgeprägtes Poolish-Aroma und innen schön saftig. Weiterhin interessant, was man aus EINEM Hefeteig alles machen kann: Hefeschnecken, Streuseltaler, Milchbrötchen, Windmühlen mit Marmeladenklecks. Gegangen bin ich mit dem guten Gefühl, jemanden mit viel Leidenschaft und gutem Handwerk unterstützt zu haben, während mein Sohn mit ofenwarmen Heidesandtalern direkt von Blech aus der Backstubentür gehen durfte.

Brot von Karls Erlebnishof in Rövershagen

Irgendwann kommt für jeden ernsthaften Ostsee-Familienurlauber der Tag, an dem man Karls Erdbeerhof in Rövershagen einen Besuch abstattet. Teilweise weil man es den Kids nach einem Jahr vorzeitiger Corona-Abreise schuldig war, teilweise weil es eine wirklich niedlich inszenierte Welt ist. Eine leicht überbevölkerte Welt.

Am Ausgang habe ich dann auf ein halbes Landbrot aus der hauseigenen Holzofenbäckerei zurückgegriffen und war wirklich überrascht. Macht sich gut als Schnitte und wenn man der Werbung Glauben schenkt, auch ohne Backhilfsmittel von Hand hergestellt und gebacken. Das legendäre Erdbeerbrot war leider aus.

Vorerst letzter Teil der Story: Brötchen in der Ferienwohnung backen

Ein ziemlich misslungener Brötchenteig im Kühlschrank. Viel zu viel Flüssigkeit für das örtliche Mehl, kein Bock auf Kneten, ranziges Sonnenblumenöl und irgendwie ist dann mittdrin noch die Küchenwaage ausgefallen. Gut, dass nach 7 Stunden Erdbeerhof auch Pizza aus übergarem Brötchenteig akzeptiert wird.

Die Brötchen für den nächsten Morgen habe ich daraus gleich mitgebacken und sie sind ganz ok geworden, wenn auch nicht besonders voluminös. Für Nutella hat es allemal gereicht.