Schön, dass du dem Link gefolgt bist: Mit deinem neuen Mitbewohner im Glas kannst du ein ganzes Abenteuer in deiner Küche starten!
Du hältst hier ein kleines Glas hochaktives, mildes und triebstarken Roggensauerteig in der Hand. Übrigens brauchen Sauerteige immer Namen – der Vater deines kleinen Glases hieß Action Acki. Such dir gerne einen neuen Lieblingsnamen aus.
1. Einleitung: Dein neuer Mitbewohner
Zuerst sollten wir zwei wesentliche Begriffe voneinander trennen:
Was ist der Unterschied zwischen Sauerteig und Anstellgut?
Beides ist sauer, beides beinhaltet Mehl und Wasser, beides steckt voller Leben und Triebkraft. Anstellgut bezeichnet immer nur den griffbereiten, gelagerten Treibstoff für deinen Brotbackmotor ist. Im Englischen nennt man ihn auch Starter. Dieses Anstellgut lagerst du zukünftig in deinem Kühlschrank in einem sauberen, abgedeckten Glas. Mit diesem Starter oder eben Anstelllgut – aktuell ca. 30g schwer – kannst du einen Sauerteig, also einen Brotsauerteig für ein beliebiges Brotrezept ansetzen, es direkt als Geschmacksverstärker oder alleiniges Triebmittel an einen Teig geben und es so lange weitervermehren, wie du Lust am Backen hast.
Warum sollte ich ein extra Anstellgut im Glas pflegen?
Vielleicht hast du in Geschichten “von früher” gehört, dass es lange Zeit Gang ung Gäbe war, statt eines separaten Anstellguts im Glas einfach einen kleinen Rest alten Brotteig bis zum nächsten Backtag aufzubewahren, vor dem nächsten Backen direkt wieder mit Mehl und Wasser zu einem Teig zu verarbeiten und von diesem widerum einen kleinen Teil Beiseite zu legen. Diese Methode ist ebenfalls sehr einfach, hat in unserem modernen Alltag aber einen entscheidenen Nachteil: du bist nicht besonders flexibel, kannst Geschmack und Säure deines Brotes nicht gut beeinflussen und könntest unter Umständen sogar vergessen, dir einen Teil alten Teig aufzuheben.
Stell dir also vor, dein Anstellgut ist wie ein kleines Haustier, das Liebe und Aufmerksamkeit braucht, um munter zu bleiben. Das Gute ist: anders als deine Katze brauchst du es nur einmal in der Woche zu füttern, solange du es bei ca. 5-8 Grad im Kühlschrank lagerst. Dann verhält es sich nämlich ruhig und unauffällig.
Ein gut ernährter Sauerteig bringt nicht nur Geschmack, sondern auch eine wunderbare Textur in Ihr Brot. Und er sagt dir sogar, wann er hungrig ist: spätestens wenn er stark nach Nagellack (Fusel) riecht, ist es Zeit ihn zu füttern.
Dabei ist es wichtig, die Wirkung von Temperatur und Zeit zu verstehen: In der Kälte döst vor sich hin, bei Raumtemperatur wird er aktiv und verbraucht schneller Nahrung.
2. Was ist Sauerteig und warum solltest du ihn lieben?
Warum lieben wir Sauerteig? Weil er einfach magisch ist! Sauerteig ist nicht nur ein Haufen Mehl und Wasser, sondern ein lebendiger Organismus. Er besteht als verschiedensten Hefen und Milchsäurekulturen. Alles an Mehl und Wasser das du ihn fütterst, wird er verbrauchen um sich zu vermehren. Dabei entsteht – im Teig sowie im Glas – Kohlendioxid. Das sind die Luftblasen die du auch im fertigen Brot siehst.
Verträglichkeit, Gesundheit & Aroma
Durch den Fermentationsprozess, der bei der Herstellung von Sauerteig verwendet wird, entstehen viele nützliche Bakterien und Enzyme. Diese tragen dazu bei, die Nährstoffe im Getreide besser verfügbar zu machen, was bedeutet, dass unser Körper sie leichter aufnehmen kann. Außerdem ist Sauerteig oft bekömmlicher für Menschen mit Glutenunverträglichkeiten, da die lange Fermentation das Gluten teilweise abbaut.
Ein weiterer Pluspunkt ist der niedrigere glykämische Index von Sauerteigbrot im Vergleich zu normalem Brot. Das bedeutet, dass es den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen lässt, was für eine langanhaltende Energie sorgt und Heißhungerattacken vorbeugt. Darüber hinaus haben viele Fans von Sauerteig festgestellt, dass er eine herrlich komplexe Geschmacksnote bietet, die normales Brot einfach nicht erreichen kann.
3. Die zukünftige Pflege deines Anstellgutes
Um Sauerteig zum Backen zu herzustellen, musst du dein Anstellgut regelmäßig füttern. Dabei wird ein Teil abgenommen und durch frisches Mehl und Wasser ergänzt. Das Füttern ist wichtig, um die guten Mikroorganismen zu fördern und die schlechten Mikroorganismen (Schimmelpilze) zu unterdrücken.
Das brauchst du für die Pflege deines Anstellgutes
- ein sauberes Glas mit Deckel (z.B. ein Wecklas ohne Gummi oder ein Marmeladenglas mit losem Deckel)
- einen Löffel oder Silikonschaber
- Roggenmehl Type 1150 oder Roggenvollkornmehl
- Leitungswasser
Da es sich bei deinem kleinen Glas Anstellgut um gesundes und kräftiges Roggenanstellgut handelt, kannst du zur weiteren Pflege Roggenmehl verwenden, entweder die Mehltype 1150 oder Roggenvollkornmehl. Du kannst ihn zukünftig aber auch mit Weizenmehl, Dinkelmehl oder – in der glutenarmen Variante – sogar mit Reismehl füttern. Über Kurz oder Lang wird sich dein Anstellgut auf dein Mehl einstellen, es sollte dann nach Möglichkeit nur stets das gleiche Futter sein. Du kennst das ja von deiner Katze.
Schritt 1: 30g Anstellgut einmalig aktivieren
Als Erstes solltest du mit einem Löffel die 30g Anstellgut gründlich auskratzen und in ein größeres Behältnis geben. Welche Temperatur dein Anstellgut hat, ist ersteinmal egal. Hier kannst du es nun mit genausoviel Mehl (30g) und genausoviel Wasser (30g, etwa handwarm) vermischen.
Lass diese Mischung nun mit lose aufgelegtem Deckel so lange in einer Warmen Ecke deines Raumes (NICHT direkt auf der Heizung) stehen.
Nach etwa 2 bis 3 Stunden hat sich dein Anstellgut verdoppelt. Jetzt bist du ersteinmal auf der sicheren Seite und hast nun 2 Optionen:
- Ein Brot backen
- das Anstellgut zurück in den Kühlschrank stellen um dir zu überlegen, ein Brot zu backen.
Schritt 2: Das Anstellgut an den Alltag anpassen
Du solltest dein Anstellgut am Besten immer dann füttern, wenn ein Backtag bevorsteht oder du einen Brotsauerteig ansetzen möchtest. Dann ist es besonders aktiv und du bekommst einen milden und starken Teig.
Für die wöchentliche Fütterung empfehle ich meine persönliche Technik, es gibt darüber hinaus im Internet aber viele verschiedene Anleitungen und Wege einen Sauerteig am Leben zu erhalten. Du musst herausfinden, was zu deinem Alltag und zu seinem Qualitätsanspruch passt.
Mein Weg: Ich backe Sonntags grundsätzlich Brot und Brötchen für die Woche. Jeden Samstag morgen nehme ich mein Anstellgut aus dem Kühlschrank und lasse es etwas auf Raumtemperatur kommen.
Solltest du feststellen dass das Glas, in dem das Anstellgut lebt, sehr schmutzig ist, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, es zu wechseln. Weckgläser lassen sich leicht reinigen.
Schritt 3: Das Anstellgut wöchentlich füttern
Arbeiten, die jede Woche gleich sind:
- einen Teil des alten Anstellgutes abnehmen, ungefähr 1 großer EL ist ausreichend
- das abgenommene Anstellgut in ein sauberes Glas geben
- 3 EL Mehl und 3 EL handwarmes Wasser hinzufügen, gut vermischen
- bei Raumtemperatur für ca. 3h reifen lassen
Nach dem Füttern muss das Anstellgut außerhalb des Kühlschrankes reifen: Die perfekte Temperatur für die Mikroorganismen liegt zwischen 24 und 26 Grad Celsius. So entwickelt sich das Anstellgut stark und bleibt geschmacklich mild. Ich stelle mein Anstellgut im Glas auf den konstant relativ warmen WLAN-Router (Achtung, dein Glas sollte groß genug bemessen sein damit dein Anstellgut nicht überquillt)
Den übrig gebliebenen Teil des alten Anstellgutes verwende ich z.B. zum Samstagsfrühstück gleich als Aroma in Pancakes. Du kannst Sauerteigreste ebenso in jedem Hefeteig als Aroma einsetzen, das Rezept ändert sich dadurch nicht.
Durch diese Technik des “Auffrischens” mit viel Mehl und Wasser aber wenig altem Anstellgut haben die verbliebenen Mikroorganismen ein Übermaß an Nahrung und können sich perfekt vermehren. Die Mehl-zu-Alt-Menge gibt dir auch mehr Spielraum bei der Lagerung im Kühlschrank.
Gluten-Morgen-Kastenbrot
Schwierigkeit: Mittel2
Portionen10
Minuten12
hAlles, was zu einem guten Frühstück gehört, in einem einfachen Sauerteig-Brot ohne Kneten: Kaffee, Haferflocken, Honig, Joghurt, Butter! Wenig Aufwand und ein guter Einstieg in das Backen mit Sauerteig. Ergibt 2 Brote!
- Brühstück
150g zarte Haferflocken
300g heißer Kaffee, Instant oder Malzkaffee
- Hauptteig
700g Wasser, handwarm
100g Griechischer Joghurt
60g Roggen-Anstellgut
30g Honig, Ahornsirup oder Agavendicksaft
1000g Weizenvollkornmehl
20g Salz
Optional am Ende: 50g Butter
- Alle Zutaten für den Poolish miteinander vermischen und abgedeckt bei Raumtemperatur (ca. 20 Grad) für 18-24h reifen lassen
- Brühstück
- Zuerst die feinen Haferflocken mit frischem, möglichst heißem Kaffee überbrühen. Sie saugen die Flüssigkeit auf und werden eingeweicht. Für mindestens 30 min abkühlen lassen!
- Hauptteig
- Nun Alle Zutaten in der genannten Reihenfolge in eine große Schüssel geben. Du kannst mit der Hand, mit der Gabel, mit dem elektrischen Handquirl oder mit einer Knetmaschine arbeiten. Den Teig zu einer möglichst bindigen Masse mischen. Der Teig löst sich nicht von der Schüssel und darf ruhig weich sein. Per Hand dauert das ungefähr 3-5 Minuten.
- Jetzt die gequollenen Haferflocken sowie die optionale Butter zugeben und erneut vermischen, bis alles miteinander verbunden ist.
- Stockgare = Teigreife
- Stockgare gesamt: 12h
Zwei Kastenformen vorbereiten: Mit Backpapier oder Dauerbackfolie ausschlagen (siehe Anleitung), nach Wunsch leer mit etwas Öl bepinseln und mit Haferflocken ausstreuen. - Die weiche Teigmasse vorsichtig und stückweise gleichmäßig auf beide Formen aufteilen. Aufpassen, dass der Teig nicht daneben geht oder das Backpapier herunterdrückt. In kleinen Schritten arbeiten, es geht nicht um Schönheit!
- Nun die Oberfläche des Teiges mit feuchten Fingern vergleichmäßigen und glätten, bis der Teig genau bis zur Hälfte die Backform ausfüllt.
- Die Kastenformen mit dem Teig gut abgedeckt für 12h bei Raumtemperatur (ca. 21 Grad) reifen lassen. Der Teig wird dank des Anstellgutes nun bis zur Kante der Kastenform steigen – das ist das Signal, das der Teig reif zum Backen ist. Sollte es schneller oder langsamer gehen, entsprechend lieber etwas früher backen, er sollte bei Bewegung nicht in sich zusammenfallen. Weniger als Zwei Fingerbreit unter dem Rand sollte der Teig aber nicht stehen, sonst ist er noch nicht reif genug.
- Backen
- Gesamtbackzeit: ca. 60 Minuten
Ofen mit Gitterrost auf 230 Grad Ober- Unterhitze vorheizen. Beide Kastenformen nebeneinander auf die Schiene unter der Mittleren setzen, Unterhitze ist hier wichtiger als Oberhitze. An diesem Punkt kann man mit Wasserdampf die Qualität des Brotes verbessern, für den Anfang geht es aber auch ohne, solange das Brot reif genug in den Ofen kommt (bis zur Kante der Form). Die Ofenklappe schließen und die Temperatur sofort auf 210 Grad reduzieren. Jetzt für 60 Minuten backen. Die lange Backzeit stellt sicher, dass der weiche Teig in der Kastenform auch gut durchbäckt. Lieber noch 10 Minuten länger im Ofen lassen als zu kurz! - Nach dem Backen löst sich das Brot leicht aus der Form: Direkt danach herausnehmen, das Backpapier vorsichtig abziehen und den Klopftest machen: Hört sich die Unterseite dumpf/hohl an ist das Brot ziemlich sicher auch durchgebacken. Bitte nicht in der Kastenform auskühlen lassen, sondern auf einem Gitter!
Notizen
- Das Rezept kann für eine Kastenform einfach halbiert werden. Es lohnt sich aber, gleich mehrere Brote auf Einmal zu backen. Dann sparst du Energie und kannst sogar eines einfrieren oder verschenken.
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