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Die Wiedervereinigung von Italopop und Stammtischaroma

Wusstet ihr dass das Original Italienische Ciabatta erst im Jahre 1982 erfunden wurde? Ganz genau – Italo-Ultras wissen natürlich, das war das Jahr in dem Al Bano mit Romina Power und Spliff mit Carbonara die Charts dominierten.

Falls sich jemand fragt woher ich das weiß und/oder ob ich schon so alt bin: schon im Kleinkindalter war ich exzessivem MDR-Radio Passivhören ausgesetzt. Ich bin also quasi mit echtem Italienischem Lebensgefühl aufgewachsen, zumindest jeweils zwischen 3 und 4 Minuten davon.

Warum dieses Foto existiert? Das wissen nur die Götter.

Das typische Mittachtzigerfernweh hat sich nicht nur auf Italien beschränkt: Auch Roger Whitaker ist mir in Erinnerung geblieben. Konnte aber nie verstehen, was er an Albanien so toll fand. Wahrscheinlich die Küche, ein spannendes Crossover mit orientalischen Einflüssen.

Die Faszination für die 80er ist geblieben und äußert sich in heute in Phil Collins-Verehrung, Toto-Fetisch und derzeit in einem klassischen Schnurrbart.

Luftige Krume und eine dunkle Kruste

Das etwas Andere Ciabatta mit Kartoffeln und Bier

Eine Hommage an das italienische Ciabatta mit dem beinahe Besten, was die späten Deutschen 80er neben der Wiedervereinigung zu bieten haben. Gekochte Kartoffeln binden Flüssigkeit und geben eine Menge Saftigkeit, während Bier eine einfache Methode ist, auch ohne Vorstufen viel Grundgeschmack in den Teig zu bekommen.Wer Manta Manta genug ist, ersetzt die Kartoffeln mit Pommes Frites und das Olivenöl mit Mayonnaise.

Entwickelt habe ich das Rezept für das erste Sylter Bootcamp mit Heidi Schlautmann und Björn Hollensteiner, eine tolle Erfahrung und ich hab wahnsinnig nette Leute kennengelernt. Im Kurs haben wir aus dem Teig nicht nur 2 Ciabattas abgestochen, sondern eher größere Brötchen, die Heidi mit leckeren Belägen zum Mittagessen für die Teilnehmer bereitet hat. Ciabattaskann man durchaus vielseitig verwenden. Als Beilage zu Suppen, Eintöpfen, als Sandwich-Grundlage oder auch geröstet mit Knoblauch und Olivenöl.

Weicher Teig und lange Gare: Das Geheimnis für ein luftiges Ergebnis

An sich ist die Vorgehensweise für dieses Ciabatta-Rezept relativ klassisch, ein weicher Weizenteig und eine lange kalte Gare. Als Triebmittel habe ich ausschließlich Hefe verwendet, um das Ergebnis konsistent zu machen. So weit, so italienisch.

Das Besondere ist jedoch die Herangehensweise an die Flüssigkeit: hier verwende ich ausschließlich Bier. Die Sorte ist frei wählbar, ich habe bereits alkoholfreies, Bayerisches Hefe-Weißbier, normales Funktionsbier und Craftbeer mit 5% vol. In der Aktivität des Teiges konnte ich jedenfalls keinen Unterschied erkennen. Wichtig ist, dass das Bier mindestens kühl wenn nicht sogar kalt ist. Durch die lange Knetzeit erwärmt sich der Teig schnell und man kann mit einem kalten Ausgangspunkt deutlich länger und sicherer arbeiten.

Bratkartoffel-Aromen und mediterranes Kaugefühl

Weil man auf einem Bein nicht stehen kann hab ich passend zum Thema Italien noch ein Lebensmittel untergebracht, was mediterranes Flair wie kein Anderes versprüht: Die Kartoffel.

Gekochte Kartoffeln im Ciabattateig haben viele Vorteile. Sie unterstützen das Aroma ganz massiv, besonders wenn man das Ciabatta dunkel ausbackt, sie binden Wasser ohne den Teig arg flüssig werden zu lassen und verstärken in der Krume die gewünschte Chewy-ness, das saftige Kaugefühl.

Wichtige Hinweise für das perfekte Kartoffel-Bier-Ciabatta

Gekochte Kartoffeln im Teig

Aus eigener Erfahrung und Feedback der ersten Probanden muss ich darauf hinweisen, dass die Kartoffeln in jedem Fall gekocht sein müssen.

Rohe geraspelte Kartoffeln führen dazu, dass sich im Teig beim Kneten das vorhandene, noch nicht gebundene Stärkewasser herausdrücken kann und den Teig extrem weich und matschig macht. Mit gekochten und fein (oder gröber, je nach Geschmack) zerdrückten Kartoffeln passiert das nicht und ihr bewahrt euch vor viel Ärger.

Ich habe keinen Unterschied zwischen Kartoffeln von Vortag oder am Selben Tag gekochten Kartoffeln feststellen können. Von der Sorte her habe ich bis jetzt immer Festkochende verwendet, ich denke aber dass auch mehligkochende perfekt funktionieren werden.

Ich bereite sie auch als Pellkartoffeln vor, das verhindert übermäßige Wasseraufnahme beim Kochen. Außerdem könnte man sogar die Schale abziehen, rösten und in den Teig geben.

Hydration, Flüssigkeit und Teigtemperatur

Dieser Ciabattateig ist sehr weich. Das heißt, er ist anspruchsvoll zu verarbeiten und muss stark aufgebaut werden. Dennoch solltet ihr keine Angst davor haben – denn der Vorteil ist, egal wie der Teig wird, die Ciabatta werden später nur abgestochen und müssen nicht mit klebrigen Händen geformt werden.

Wenn ihr euch unsicher wegen dem Teig seid: Da jedes Mehl anders auf Flüssigkeit reagiert solltet ihr am Besten ersteinmal ca. 25ml weniger Wasser verwenden und dieses ganz am Ende der Knetens nach den Kartoffeln hinzugeben.

Diesen Zustand muss der Teig nach dem Kneten bzw. beim ersten Dehnen & Falten haben.

Wichtig für ein gutes Ergebnis ist deshalb dass ihr den Teig korrekt behandelt. Die Knetzeit ist lang: nur so könnt ihr ein starkes Glutengerüst aufbauen. Am Ende – nachdem ihr die Kartoffeln zugegeben habt – muss sich der Teig unbedingt von der Schüssel lösen. Das dauert je nach Maschine bis zu 15 Minuten. Achtet dabei bitte auf die sich entwickelnde Teigtemperatur! Das kalte Bier dient dazu, diese am Anfang niedrig genug zu halten während sich der Teig beim Kneten immer weiter erwärmt. Gegen Ende könnt ihr die Teigtemperatur öfter Mal messen: mehr als 25 Grad sollten es auf keinen Fall werden, da ihr sonst wieder einen relativ labilen, schwachen Teig in die Stockgare schickt.

Möchtest du noch mehr Backrezepte wie dieses kennenlernen?

La Deutsche Vita: Das Kartoffel-Bier-Ciabatta

Schwierigkeit: Einfach
Portionen

2

Stück
Vorbereitung & Kneten

30

Minuten
Backzeit

25

Minuten
Stockgare

18-20

h
Stückgare

1

h

  • Hauptteig
  • 430g Weizenmehl 550

  • 150g Kartoffel, gekocht, abgekühlt & fein zerdrückt

  • 350g Bier nach Wahl, kühl (max. 18 Grad) – oder 25ml weniger, diese dann am Ende zugeben

  • 15g Olivenöl

  • 13g Salz

  • 6g Frischhefe

  • Hauptteig
  • Bier, Mehl, Salz & Hefe in die Knetschüssel geben.
    Bei niedriger Geschwindigkeit kurz zu einer Masse verkneten.
    Für 10 Minuten verquellen lassen.
    Dann für weitere 10-15 Minuten auf mittlerer Stufe auskneten, bis sich der Teig von der
    Schüssel löst und sich eine dünne Teighaut ausziehen lässt.

    Fein zerdrückte Kartoffelmasse zugeben und Unterkneten. Nach weiteren 3-5 Minuten sollte
    wieder ein glatter Teig entstanden sein.
    Am Ende bei laufender Maschine das Öl langsam einlaufen lassen und nochmals möglichst
    auskneten bis der Teig sich wieder von der Schüssel löst.

    Teigtemperatur: 24-25°
    Gesamte Knetzeit: ca. 10-15 Minuten
  • Stockgare
  • Stockgare gesamt : 18-20h
    In einer gut geölten Teigwanne für 1h bei Raumtemperatur reifen lassen. Möglichst 3-4x Dehnen & Falten. Danach im Kühlschrank bei ca. 5 Grad für 18-20h reifen lassen. Das Volumen sollte sich ungefähr verdoppeln und deutliche Luftbläschen sichtbar sein.
  • Stückgare
  • Stückgare gesamt: 1h
    Den Teig etwas bemehlen und vorsichtig auf die sehr gut bemehlte Arbeitsfläche stürzen.
    Gegebenenfalls die Seiten zu einem lockeren Rechteck einschlagen.

    Den Teig in zwei Teile à 500g teilen und mit bemehlten Händen beherzt unterfassen und auf
    ein Backpapier umdrehen. Es sollten rechteckige Ciabattalaibe entstehen, bei Bedarf die
    Seiten etwas straffen.
    Die Oberseite nach Geschmack nochmals etwas bemehlen und für 1h bei Raumtemperatur
    reifen lassen.
  • Backen
  • Gesamtbackzeit: 25-30 Minuten
    Ofen gründlich auf 260-280 Grad Ober-Unterhitze vorheizen.

    Teiglinge mit reichlich Schwaden in den Ofen geben und die Temperatur auf 230 Gradreduzieren.

    Nach 10 Minuten den Schwaden gründlich ablassen und bei 230 Grad für weitere 20 Minuten backen. Nach Geschmack für eine sehr krosse Kruste am Ende nochmals mit 250 Grad Heißluft für wenige Minuten backen.

Notizen

  • Die Wassermenge im Rezept kann durchaus nach Bedarf erhöht werden: Ganz am Ende des Knetens tröpfchenweise Wasser zugeben wenn der Teig es verträgt
  • Die Kartoffeln müssen gekocht sein! Rohe Kartoffeln geben beim Kneten noch sehr viel Wasser an den Teig ab, sodass die Flüssigkeitsmenge am Ende nicht mehr stimmt. Ergebnis ist ein zu weicher, zerfließender Teig.
  • Die Biersorte für das Ciabatta kann frei gewählt werden: Auch Malzbier oder alkoholfreies Bier geht


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